Türchen 8: Das Ende der Customer Journey

Brave new KI World

Im Unterschied zu anderen Ländern herrscht auf dem deutschen Weiterbildungsmarkt ziemlich unübersichtliches Gedränge. Wer in den Fachabteilungen oder HR-Teams nach geeigneten professionellen Weiterbildungen sucht, wird – insbesondere bei den von Herstellern standardisierten Themen – eine Fülle von Angeboten finden. Wahrscheinlich mehr, als ihm lieb sein kann. Verlassen wir aber einmal die Qual der Wahl der Suchenden und wechseln zur Seite der Anbieter.

Denn auch sie stehen vor der Aufgabe, nicht mehr nur die Aufmerksamkeit der potentiellen Kunden zu wecken. Also investieren sie in Suchmaschinenoptimierung, in z.T. kostspielige Anzeigenkampagnen, überschwemmen das soziale Netz mit Hinweisen auf ihr Angebot. Und nun möchte auch noch das Management wissen, welche Kanäle erfolgreich waren, wie der ROI der Anzeigenkampagnen ausfällt bzw. wie er gesteigert werden könnte.

Leider ist die Customer Journey in der beruflichen Weiterbildung z.T. recht lang – möglicherweise ein Hinweis darauf, dass keiner der Anbieter so recht überzeugen konnte? Traditionell umfasst diese Reise verschiedene Entscheidungslevel von der Awareness bis hin zur Conversion und darüber hinaus (Advocacy). Bis der Interessent zum Kunden wird, durchläuft er oft viele Stationen (Touchpoints), aber welche hat denn nun welchen Anteil am Abschlusserfolg verbucht? Marketer und Analysten kennen das leidige Problem der Attribution: Wars der erste Anzeigen-Kontakt, der die Tür zum Kunden öffnete, wars der letzte Suchmaschinentreffer, der die Entscheidung brachte? Jonglieren mit Attributsmodellen ist angesagt, first click, last click, linear, progressiv – und für die, die sich nicht entscheiden wollen, hat Google noch dynamische Modellanalysen im Angebot.

Doch mit diesen Unwägbarkeiten könnte es bald ein Ende haben – sollte in der digitalen Suche tatsächlich ein Paradigmenwechsel bevorstehen – ein durch KI provozierter Paradigmenwechsel. Eine HR Managerin könnte auf die Idee kommen, sich die 5 besten Anbieter per Prompt listen zu lassen. Warum mühsam Link für Link abklappern, den Google aus seinen Datenbanken kramt? Hier haben wir mit einem Schlag gleich mehrere im Vergleich! Das könnte die Customer Journey transformieren und verkürzen.

Sie haben Ihr Ziel erreicht — Das Ende der Customer Journey?

Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Advertising (SEA) zielen darauf ab, relevanten Traffic auf die eigene Website zu lenken. Was aber geschieht in dem oben geschilderten Szenario bzw. welche Folgen wird es haben?

  • Verlust des Website-Traffics: KI-Systeme präsentieren Ergebnisse innerhalb der Plattform und reduzieren tendenziell die Klickrate auf externe Seiten.
  • Fragmentierung der Suchlandschaft: Unternehmen haben weniger Kontrolle über die Darstellung ihrer Inhalte, da KI-Systeme Inhalte aggregieren und umformulieren.
  • Disintermediation der Suchergebnisse: Die herkömmliche Ditribuierung der Angebote in mehrere Marketingkanäle wird an Bedeutung verlieren; KI überspringt quasi die Stufenfolge zur Conversion.

Das Ende der Attributionsmodelle

Damit nicht genug – auch den ungeliebten Attributionsmodellen geht es an den Kragen. Weniger Klicks bedeuten selbstverständlich auch implizit weniger Trackingdaten. Noch schlimmer: Es wird quasi unmöglich, Conversions einem bestimmten Kanal oder einer Kampagne zuzuordnen, da KI-Systeme Daten aus verschiedenen Quellen verarbeiten, ohne diese anteilig zu referenzieren. Die neue Herausforderung der Anbieter wird darin bestehen, sich in den Large Language Modellen erfolgreich zu positionieren. Das erfordert allerdings eine breiter aufgestellte Content-Strategie, als sie für SEO benötigt wird.

… und das Ende der Weiterbildungsdatenbanken?

Verfolgen wir das oben inaugurierte Szenario noch einen Schritt weiter: Vielleicht hatte unsere HR Managerin früher auch Weiterbildungsdatenbanken konsultiert. Diese bieten ebenfalls für eine Suche mehrere Alternativen. Das wird aber nicht mehr nötig sein, wenn sie, für ihr Unternehmen, ihren eignen Datenfundus legt (Repository), der regelmäßig aus dem Internet heraus aktualisiert wird und v.a. auf sensible Parameter hin (EAT – Expertise der Trainer – Autorität der Unternehmensführung – Vertrauenswürdigkeit durch Kundenreferenzen) analysiert wird. Weiterbildungsdatenbanken werden nur noch für Content Seeding benötigt; ob sie sich in diese Rolle hineinfinden wollen, steht auf einem anderen Blatt.


Ausblick: Der Unternehmens Chatbot wird in Zukunft die Beauftragung der Weiterbildung automatisch besorgen, die Evaluierung durchführen und das Anbieterranking regelmäßig aktualisieren. Bei innovativen Bildungsanbietern werden ihm dann eigene Chatbots antworten.

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