In einer dreiteiligen Artikelfolge verfolge ich den Gedanken, dass das klassische SEO für Bildungsanbieter bald der Vergangenheit angehören könnte. Und was an seine Stelle künftig treten wird. In einem ersten Schritt resümiere ich die bisherige Entwicklung zu Suchmaschinen und KI. Welche Suchroutinen entwickeln sich jetzt schon im Kontext der Chatbots wie ChatGPT. Der zweite Teil behandelt dann weitere Konsequenzen, die die Integration von KI in Suchmaschinen haben wird und wie die professionelle Nutzung von Tools wie ChatGPT das Kundenverhalten verändert. Der dritte Teil macht Vorschläge, wie man dem anstehenden Wandel durch gezieltes Content-Marketing begegnen kann.
Professionelle Bildungsanbieter rangeln immer um die ersten organischen Positionen bei Google. Die Suchmaschine hat in Deutschland bekanntlich immer noch einen Marktanteil von ca. 90 %. Auch wenn das Listing bei Google die vorderen Positionen (2 und 3) benachteiligt, mühen sich viele um einen Platz an der Google-Sonne. Warum aber sind diese Positionen aktuell benachteiligt?
Oft werden sie durch andere Antwortformate nach unten gedrückt. Je nach Suchanfrage tauchen, unmittelbar nach der ersten Position, FAQ-Blocks und YouTube-Videos auf; die nachfolgenden Positionen haben das Nachsehen. Das gilt besonders für mobile Trefferlisten. Um Trefferlisten somit, die über eine optimierte mobile Darstellung verfügen. Deren Anteil wächst – auch im B2B Markt. User müssen hier erst einmal durch bis zu 4 Google Ads Anzeigen scrollen, bis sie zum organischen Teil kommen.
Wer es unter den Bildungszentren nach vorne geschafft hat, kann sich noch lange nicht ausruhen. Neben dem Mitbewerb müssen regelmäßig Positionen und Userreaktionen (CTR) beobachtet werden. Ggf. gilt es auch, die Metatags attraktiver zu gestalten. Und nun kommt noch KI in die Suchmaschinen – mit welchen Folgen?
Microsofts Einstieg in KI gestützte Suche in Bing
Die heile SEO Welt der Bildungsanbieter ist leider bedroht, und zwar – wer hätte es gedacht – durch KI, die Künstliche Intelligenz; und dies gleich mehrfach! Diese mehrfache Bedrohung möchte ich hier kurz nachzeichnen.
Als OpenAI sein LLM – das Akronym steht für Large Language Model – unter der Version 3.5 veröffentlichte, nahm die Aufmerksamkeit exponentiell zu. Bereits zuvor hatte Microsoft Mrd. Dollar in OpenAI investiert.
Microsofts Integration von ChatGPT in Bing und die spätere Erweiterung durch die Copilot-Funktion markieren strategische Schritte. Sie sollten die Suchmaschine attraktiver und produktiver gestalten. Ziel war, durch interaktive Antworten und natürliche Dialoge Marktanteile im Suchmaschinenmarkt gegenüber Google zu gewinnen. Mit der Einführung von Copilot in Bing und Microsoft 365 baute Microsoft ab 2023 die KI-Nutzung weiter aus. Microsofts Fokus lag auch hier auf personalisierten, kontextualisierten Antworten, die über eine reine Suchmaschinenfunktion hinausgehen. So sollte Bing zu einer umfassenden Arbeits- und Informationsplattform werden.
Microsofts Erwartungen haben sich zunächst nicht erfüllt; der Marktanteil von Bing verharrte (mit wenigen Ausnahmen) bei etwa 5 %. Vielleicht ein Grund dafür, dass man nach erstem Aufsehen zur üblichen Tagesordnung überging.
Und Google? Google erlebte einige Rückschläge bei der Integration von KI in seine Suchmaschine, insbesondere im Vergleich zur schnellen Umsetzung durch Microsoft. Wie etwa im Februar 2023 bei einer Demo von Googles eigenem Chatbot „Bard“: In einer Live-Demo lieferte Bard eine falsche Antwort. Neben einer Negativreaktion der Aktienkurse von Alphabet kamen Zweifel an der Zuverlässigkeit von Googles KI auf.
Außerdem zieht sich in den USA seit 2023 die Diskussion um die zukünftigen Suchausgaben bei Google in die ewige Länge – wie soll SGE (Search generative experience) in Zukunft aussehen? Auch hier zögert Google ungewohnt lange. Microsofts Integration von KI in Bing hatte – glaubt man einschlägigen Webanalysen – bislang keinen Effekt auf den Suchmaschinenmarkt. Google zaudert noch. Aber man wiegt sich in falscher Sicherheit.
Bislang erfolgreichem Bildungsmarketing mit SEO droht Gefahr
In der aktuellen SEO Diskussion überwiegen die Stimmen, die den Tod des klassischen SEO ankündigen. Wie wahrscheinlich ist es, dass sie recht haben? Der SEO Blog Searchengineland zitierte eine Gartnerstudie, wonach 2026 schon 25 % des Traffics an KI verloren gehen könnte. (https://searchengineland.com/search-engine-traffic-2026-prediction-437650) Aber schon hier, bei der pauschalisierten Erwartung, sind mehrere Faktoren zu beachten. Es gibt ja auch Gegenstimmen, die nach wie vor den Unterschied zwischen einer datenbankgestützten Suchmaschine und einem LLM betonen.
Userverhalten – Varianzen in den Suchanfragen – geänderte Erwartungen
Mit der Voice Search begann schon ein Paradigmenwechsel im Userverhalten, Anfragen wurden nach dem Vorbild der gesprochenen Sprache modelliert. Der Einfluss auf SEO war auch hier nur kurz oder gar nicht vorhanden. Auch die KI Integration von Copilot in Bing hat zunächst kaum Effekt gezeigt. Das könnte sich jetzt ändern.
Geänderte Keywordphrasen: Auch nach Google Proklamierung des EEAT Prinzips – die Abkürzung steht für Experience, Expertise, Authority und Trustworthiness (dt. Expertise, Autorität, Vertrauenswürdigkeit) – ist SEO noch semantisch an definierten Suchphrasen orientiert. Diese wird erweitert durch den Anspruch einer systemischen Themenausführung. Das könnte sich durch KI integrierte Suchmaschinen ändern, wenn Menschen ihre Suchgewohnheit anders verbalisieren. Beispiel: Welche professionellen Anbieter für Python Programmierung kannst Du im Raum XYZ nennen? Zugegeben ist dieser Prompt sehr primitiv, aber er dokumentiert, was gesucht wird: kein Seminar, sondern ein Nutzen, nämlich Programmierung!
Geänderte Erwartungen: Klassische Suchergebnisse sind Listen von Links mit einer kurzen Beschreibung meist von Googles Gnaden (manchmal werden auch die Metatags übernommen). LLM basierte KI wird hier einen tiefgreifenden Paradigmenwechsel herbeiführen: Es kann vergleichen!
Ein einfacher Prompt könnte etwa so aussehen: Suche mir bitte 5 professionelle Anbieter für fortgeschrittene Python Programmierung. Berücksichtige bitte dabei die Aktualität des Angebots, das Rating der Kunden, vergleiche den Umfang der Agenden und die Expertise des genannten Dozenten.