Türchen 20: Bildungsmarketing in Social Media

Difficile est satiram non scribere (Juvenal)


Heute geht es also um soziale Medien.

Fragen wir am Anfang erst einmal, warum es eigentlich soziale Medien heißt? Denn wer einen ersten Blick in diese digitale Welt wirft, wird ggf. eher von asozialen Medien sprechen. Anscheinend geht es bei der Kombination sozial + Medium definitionsgemäß nicht primär um Inhalte, sondern um die Funktion des möglichen Miteinanders. Also um das Veröffentlichen (Posten), Kommentieren, Teilen und Folgen (oder entfliehen vulgo: entfolgen). Soziale Medien sind also solche, die ein digitales Miteinander ermöglichen. Wie sieht nun dieses digitale Miteinander bei Bildungsanbietern aus?


Ein kleiner Streifzug durch die sozialen Medien offenbart: Viele Bildungsanbieter müssen – vorsichtig formuliert – erst noch ein Verständnis für den Begriff des „Sozialen“ entwickeln. Bevor vollmundig mit Zielen wie „Social Selling“ vorgeprescht wird, gilt auch hier: Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt. Will heißen: Strategie entwicklen im Rahmen des Content Marketing, Themenfindung, Redaktionsplan, Distribution, Controlling. Sonst ist sie vorprogrammiert – die Landung im digitalen Abseits. Und der Anbieter lässt dann seinen Instagram- oder XYZ Account den Hungertod sterben.

Was genau geht denn nun (nicht) in den Kanälen?

Instagram – wie visualisiere ich eigentlich Weiterbildung?

Instagram ist einer der Hoffnungsträger; tummelt sich hier doch die demografisch am besten passende Zielgruppe. Allerdings sieht man leider, dass die meisten Anbieter an der Herausforderung scheitern, Weiterbildung gekonnt zu visualisieren. Der Praktikant hat einen Canva-Account? Super – kann er uns ja die Grafiken basteln. Was er da reinschreiben soll? Naja, Seminarangebote, Erfolgstories, Teambilder. Aber klar, stimmt! Wir haben ja noch gar keine Content-Strategie für „Social Media“. Aber wie heißt es immer so schön? Einfach mal machen.

Dumm nur, wenn dann einem wohlwollenden Betrachter auffällt: Die Interaktionsrate bei 1000 Followern dümpelt so um die 2%, was aber natürlich mal wieder niemand bemerkt haben will.

Ob da der Marketing-Vorgänger etwa ein paar Follower zukaufte? Ach, und Reels und Stories gibt es ja auch noch. Aber nach dem Misserfolg der Posts, wollte das Management nichts mehr hören von weiteren Ressourcen-Invests. Echt schade – hätte vielleicht geklappt.

LinkedIn geht doch immer?

Wenn Insta nicht funktioniert – LinkedIn muss funktionieren, die größte (und quasi einzige) B2B social Plattform. Hier erreicht der Anbieter seine Zielgruppe über seine Unternehmensseite – deren Sichtbarkeitsquote allerdings LinkedIn auf 5 % geköpft hat.

Ein Versuch ist es aber allemal wert. Nur, was sehen wir dann? Hardcore Social Sellings mit Stockfotos von lachenden Menschen, die offensichtlich noch nie eine Weiterbildung im beworbenen Unternehmen absolvierten. Aber Hauptsache, die Hashtags #lifelonglearning und #successstory fallen ins Auge.

Wenn dennoch jemand mutig genug war, einen Kommentar zu hinterlassen, dann dauerte es durchschnittlich zwei Wochen, bis die Antwort kam.

Mal was Positives: Manchen Anbietern fällt durchaus auf, dass Einsatzfotos von Teilnehmern oder Trainerinnen wesentlich mehr Resonanz erzeugen (Interaktionsrate s.o.). Das liegt daran, dass solche Beiträge von Beteiligten gerne geteilt werden – und reale Personen haben nun einmal eine x-mal höhere reale Reichweite und Sichtbarkeit. Der LinkedIn Algorithmus lässt grüßen.

Youtube – die zweite Google Suchmaschine im Dienste des Bildungsmarketing

Wenn ein soziales Medium (oder eine Suchmaschine) ideal geeignet für Weiterbildung ist, dann doch sicher Youtube: Erklärvideos, Programmierbeispiele, Trainereinsätze – das Spielfeld ist riesig.

Ein großer Fortschritt, wenn ein CMO diese Chancen nutzen will. Nur musste er dann feststellen, dass sein Vor-Vorgänger vor 6 Jahren schon einmal einen Account anlegte und nach 2 Videos aufgab. Dafür hatte er dann gleich auch noch vergessen, im Infobereich das Impressum zu hinterlegen.

Und das 14! Jahre alte Unternehmensvideo erst – sollte man es nicht besser löschen? Der Gang durch die Räumlichkeiten etwas wacklig, Einstellungen in der Folge nicht nachvollziehbar, der gezeigte Trainer längst in Rente, sein Thema damals? Welche PHP Version war 2010 aktuell? Und die Videowand zeigt eine beeindruckende Reihe von Videos zu Office 2013! Zugegeben: sachhaltige aktuelle Videos, die auch noch unterhaltsam sind, fallen nicht vom Himmel, sondern müssen erarbeitet werden. Wie man aber auch mit trockenen Themen eine große Community um sich schart, zeigt der Account von Christian Solmecke – https://www.youtube.com/@wbs_legal

Viral gehen mit TikTok – bloß wohin?


Wo wir gerade bei Videos sind. Da gibt es ja auch noch TikTok. Der aufstrebende Kanal für die künftigen Zielgruppen (denn alle Accountinhaber*innen werden zwangsläufig älter). Der Social Media Beauftragte schlug begeistert vor, das Bildungsunternehmen auf der Plattform zu präsentieren. „Wir könnten Tanztrends machen! Flipcharts mit coolen Lerninhalten! Das wird viral!“ Oder wir lancieren eine Challenge als NPC Streamer und verdienen damit etwas für unser Marketingbudget. (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/npc-streaming-auf-tiktok-was-hinter-dem-trend-steckt-19060709.html) Das war dann doch dem Management, das auf Seriosität bedacht ist, etwas unheimlich und es lehnte die Initiative ab. Rückblickend war diese Entscheidung goldrichtig.

Nein Facebook haben wir nicht vergessen

Als Leser*in werden Sie sich schon fragen: und Facebook? Nein das übergehen wir nicht. Und – richtig erkannt – gleich bestätigt sich der Verdacht, dass wir diese Beiträge doch schon einmal gesehen haben. Auf Instagram. Naja, dann muss ich auf Facebook nicht mehr vorbeischauen, wenn hier nur Konserven abgeladen werden. Kein Wunder, dass die Interaktionsdichte nicht über ein, zwei magere Likes hinauskommt.

Beim nächsten Account findet sich erfreulicherweise oben ein aktueller Beitrag: 19.12. – nur aus dem Jahr 2023. Ein Anbieter, der wirklich potentes Content-Marketing betreibt – was seine Website ausweist – hat anscheinend auch die Lust an Facebook verloren; das erklärt die monatelangen Abstände zwischen den Beiträgen. Anscheinend hat es sich noch nicht zu allen Marketern von Bildungsanbietern rumgesprochen, dass eine Bedingung für den Erfolg Kontinuität ist. Leider nur eine notwendige, keine hinreichende Bedingung!

X – ehemals Twitter – behandeln wir nach Musks Totaldemontage der Marke nicht, sondern breiten vorweihnachtlich das Mäntelchen des mitleidigen Schweigens darüber aus.
Ein Beinahe-Fazit: Man könnte meinen, „Social Media sei für die ressourcenschwache Bildungsbranche kein geeignetes Spielfeld. Frei nach dem Motto: lieber lassen als blamieren. Einzige mögliche Alternative? Besser machen – der Erfolg wird der Bildungsbranche Recht geben!

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